Flensburger Hefte

Dein Hunger ist mein Hunger

ISBN: 978-3-935679-43-5
Einband: kartoniert
Informationen: 208 Seiten
Inhaltsverzeichnis: Download als PDF
Preis: 17,00 €

Kurzbeschreibung

Mit Beiträgen von: Lisei Caspers, Mona el-Farra, Michael Engelhard, Harald Kiczka, Matthias Klaußner, Heidi Küblbeck, Hernán Garrido Lecca Montañéz, Rupert Neudeck, Susanne Scholaen, Peter Scholl-Latour, Lindela Sommer, Reinhard Sommer, Wolfgang Weirauch, Jeannette Weller, Marita Wiggerthale; 77 sw. Abb.

Mit dem 100. FLENSBURGER HEFT möchten wir den Blick weit hinaus in die Welt richten; denn wer in die Welt schaut, erkennt sich selbst.- Jeder achte Mensch auf dieser Erde hungert; täglich verhungern 100.000 Menschen. Und dieser Hunger ist kein Schicksal, sondern menschengemacht.

Lesen Sie in diesem Buch die erschütternden Berichte über den Hunger in dieser Welt und die Überheblichkeit des europäisch-amerikanischen Verhaltens gegenüber anderen Kulturen. Blicken Sie mit uns nach Gaza und Peru, zu den Rettungsaktionen der Cap Anamur und darauf, wie einzelne Menschen sich als Vorbilder im Dschungel, in der Wüste, auf dem eigenen Bauernhof engagieren.

Wir hoffen, daß unser Jubiläumsfunke auf Sie überspringt - denn wir alle sind gemeinsam gefragt, unser Denken und Handeln zu ändern, wenn wir diese Erde und die auf ihr lebenden Menschen noch retten wollen.

 

 

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Rezension in: die Drei 3/2009

Rezensent: Peter-Wolfgang Maurer

Dein Hunger ist mein Hunger. Unter diesem provokanten Titel ist die Nummer 100 der Flensburger Hefte erschienen. Ein Jubiläum wäre also zu feiern, so meint man, nach 25 Jahren
 

Tätigkeit. Zum Jubeln aber fordert dieses Thema nun freilich nicht heraus und zum Feiern schon gar nicht.
 

Auf zweihundert Seiten kommen einige der prominentesten Zeitgenossen zu Wort, die sich dem Kampf gegen den Hunger und den Irrsinn, der seine Ursache und zugleich seine Folge ist, verschrieben haben. Peter Scholl-Latour, Rupert Neudeck, Jimmy und Rosalynn Carter, Michael Engelhardt sind wohl die bekanntesten unter ihnen. Aus den unterschiedlichen Aspekten
 

ihrer Lebenssituation weisen sie auf die Ursachen: die nackte, primitive Gier einiger wirtschaftlich Mächtiger und der Mangel an Einsicht, an Sachkompetenz, an Urteilsvermögen derer, die dieser hemmungslosen Gier Einhalt gebieten könnten. Unsere, der sogenannten Normalverbraucher eigene Gedankenlosigkeit
 

sollten wir wohl nicht vergessen! Zu schlechterletzt läuft alles »ganz einfach« auf ein fatales Defizit an Moral hinaus. (Kommt wirklich zuerst das »Fressen« und dann erst die Moral, lieber Bert Brecht?)
 

Das Heft enthält auch eindrucksvolle Gespräche mit Menschen, von denen der anderweitig viel beschäftigte Zeitgenosse hier vielleicht zum ersten Mal etwas erfährt. Es ist hier nicht der Raum, alle diese Aktivitäten genau zu schildern, aber kurz genannt werden sollen sie doch. Da ist Jeannette Wellers, die gemeinsam mit Susanne Scholaen im Regenwaldgebiet Perus für die Bevölkerung und gegen skrupellose Unternehmer kämpft, wobei die berühmt-berüchtigte Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft. Das ist ja leider nicht auf Peru beschränkt, aber was dort geschieht, mutet nach diesen Schilderungen besonders haarsträubend an. Immerhin scheint man von politischer Seite doch einiges dagegen zu tun.
 

Das wird in einem Interview mit Hernan Garrido Lecca Montanéz deutlich, der als Gesundheitsminister die Probleme genau kennt und durch verschiedene Maßnahmen einer Lösung näher zu bringen sucht. Marica Wiggerthale beklagt vornehmlich die europäischen Agrarsubventionen als Verursacher steigender Lebensmittelpreise und des Ruins der Kleinbauern in der sogenannten Dritten Welt. Mona el-Farra schildert die unmenschlichen Zustände im Gazastreifen und macht in der Hauptsache die Palästinapolitik Israels dafür verantwortlich.
 

Wolfgang Weirauch hat eine Fülle von Fakten und Zahlen zusammengetragen, in denen sich der »tägliche Völkermord« ausdrückt. Eine erschütternde Bestandsaufnahme einer »schlicht wahnsinnig gewordenen Zeit«. So bringt Michael Engelhardt die Sache auf den Punkt. Von ihm hat mich ein Satz besonders berührt. Er steht in einem Kalenderbüchlein, in dem er in 365 Vierzeilern seine »ganze Wut über die Welt« ausgedrückt hat, und lautet: »Der gute Wille macht alles immer schlimmer«. Bevor man das als unpassend, zynisch vielleicht gar, zurückweist, sollte man darüber nachdenken.
 

Am Schluß kommt die biologisch-dynamische Landwirtschaft zu Wort. Zu Wort, aber leider immer noch nicht in notwendiger Stärke zum Zuge. Das wird in dem Gespräch mit dem Ehepaar Sommer, das als Demeter-Bauern in der Nähe von Leipzig für eine vernünftige, sachverständige und sozialverträgliche Landwirtschaft kämpft, allzu deutlich. Wie viele Hindernisse diesem mit wirklichem »Erdverstand« verbundenen guten Willen noch immer in den Weg gelegt werden – man faßt es nicht. Politiker sollten sich doch wohl endlich wieder daran erinnern, daß »Kultur« ursprünglich so etwas hieß wie: Pflege der Erde. Sagte nicht schon Rudolf Steiner, der Schwachsinn könne durchaus epidemisch werden, wenn nicht …? Aber das würde hier zu weit führen. Es wird allerdings höchste Zeit, daß wir erkennen, wie aus Schwachsinn und Gier der Wahnsinn einer ganzen Zeit erwachsen kann. – Ein Jubiläum also nicht nur der Flensburger Hefte, sondern auch des Hungers. Wie alt mag er geworden sein im Jahre 2008 nach Christi Geburt?
 

Peter-Wolfgang Maurer

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